Siegfried Pater, ein langjähriger Freund des
Rhein-Gymnasiums, ist verstorben
3. März 2015
Der Bonner Publizist, Buchautor und Filmemacher war über
zwanzig Jahre lang als Experte für Fragen der 'Einen Welt' von
einigen unserer Lehrkräfte in ihren Unterricht eingeladen worden.
Dort berichtete er lebendig und kenntnisreich von
bestaunenswerten Phänomenen, die bei uns nicht so sehr im
Blickfeld liegen. Die Kleineren faszinierte er mit Schlangen und Vogelspinnen, die er in Gläsern
mitbrachte, wenn er vom tropischen Regenwald erzählte. Bei den erwachsenen Schülern standen eher
ethische Fragen zur Gerechtigkeit auf dieser Welt im Mittelpunkt, beispielsweise die Rolle der
Kleinbauern in armen Regionen, die Folgen der industriellen Landwirtschaft oder die Macht der Coca-
Cola- und McDonalds-Konzerne.
Von seinem riesigen Bekanntenkreis unter den Menschen, die etwas zu vermitteln haben, konnten wir
ebenfalls profitieren, denn eine ganze Anzahl von Referenten, die in unserer schulischen Reihe FORUM
ZUKUNFT auftraten, kam auf seine Fürsprache hin ins Rhein-Gymnasium. Zu nennen wären da
beispielsweise Franz Alt, José Lutzenberger, René Böll, Liang Congjie, Wolfgang Barthlott oder Gudrun
Pausewang.
Siegfried Pater war Gründungsmitglied zahlreicher entwicklungspolitischer, ökologischer und kultureller
Institutionen, z.B. der Heinrich-Böll-Stiftung. Über 30 Recherchereisen nach Brasilien, Kuba, Mosambik,
China und Nepal führten zu seinem enormen Wissen.
Als „Augenzeuge der Unterdrückung“ – so sah Pater seine Zeit als Entwicklungshelfer in Brasilien - ging
er über vier Jahrzehnte den Verursachern von himmelschreienden Missständen weltweit auf die Spur. Er
bemühte sich dabei insbesondere, Sprachrohr für die Betroffenen in der so genannten Dritten Welt zu
sein. Paters Bücher und Filme sind immer gründlich vor Ort recherchiert und für eine breite Öffentlichkeit
verständlich aufgearbeitet. Neben der schonungslosen Analyse der „Schweinereien dieser Welt“ hat
Pater immer auch handlungsorientierte Hilfestellung geliefert. Stets suchte er auch Aktionsgruppen, die
seine medialen Anklagen in Kampagnen umsetzten.
Seine Mitarbeit als wissenschaftlicher Berater der achtteiligen entwicklungspolitischen Fernsehreihe
„Götter, Gräber und Experten“, WDR / HR 1980 (Grimme-Sonderpreis 1981), nutze er zum Start einer
beispielhaften Kampagne gegen das wahnwitzige Bewässerungsprojekt „Neues Kaliforniern“ am Rio Sao
Fransisco im Nordosten Brasiliens. Über 100.000 Menschen mussten, wie im Film „Terra Robada –
Geraubte Erde“ dargestellt, meist ohne Entschädigung dem „globalen Fortschritt“ weichen, damit wir in
Deutschland u.a. ganzjährig Spargel auf den Tisch bekommen.
Der „unbeugsame Arbeiter für mehr Gerechtigkeit“ (Bonner Rundschau, 11.10.2003) konnte viele positive
Veränderungen bewirken und zahlreiche Bürgerinitiativen gründen. Noch im vorigen Jahr wurde ihm das
Bundesverdienstkreuz am Bande zuerkannt, und auch für den Alternativen Nobelpreis war er im letzten
Jahr nominiert.
Pater pflanzte gemeinsam mit deutschen Schülern und chinesischen Umweltschützern Bäume am
Rande der Wüste Gobi. Die Aktion war durch Professor Liang Congjie 1997 in die Wege geleitet worden.
Während eines Vortrags im Rhein-Gymnasium lud dieser auch Deutsche zu der Pflanzaktion ein, und
einige Schüler aus dem Rhein-Gymnasium folgten seiner Einladung. Aus dem zaghaften Beginn eines
mutigen Geschichtsprofessors entstand laut Angaben der UN das „größte Aufforstungsprogramm der
Menschheitsgeschichte“, ein Waldgürtel von insgesamt 4500 Kilometer Länge. Das Pflanzen von 4000
Gobikiefern wurde seinerzeit von den Medien in China umfangreich gewürdigt. Siegfried Pater erhielt
unter anderem hierfür als erster Europäer den „Nature and Culture Award“ der Stiftung des Ostens.
Anstöße zu geben zu einer gerechteren Welt - das war das intensive und faszinierende Geschäft Paters.
Wir im Rhein-Gymnasium profitierten von diesem weltgewandten Mann und danken ihm, dass er sich
viele Jahre bereitwillig und gern in die „niederen“ Gefilde einer ganz normalen Schule begeben hat,
damit wir einen Gewinn davon hatten.
Siegfried Pater wird uns fehlen.