Illustrationen zu einem expressionistischen Gedicht (12. Kl./SC)
Die Schüler(innen) des Kunstkurses waren in ihrer Gedichtauswahl frei, aber der größte Teil der
Holzschnitte bezieht sich auf das Gedicht : "Der Krieg" von Georg Heym. Technik und Thema dieser
Kunstarbeit standen unter dem Einfluss des Terroranschlages auf das World-Trade-Center.
Annette Schlüter-Wilmers, Kunstlehrerin
Georg Heym:
Der Gott der Stadt
Auf einem Häuserblock sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.
Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knien um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.
Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Million durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.
Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das Zorne sträubt.
Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schütelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch deine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.
Georg Heym:
Der Krieg
Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus den Gewölben tief.
In der Dämmerung steht er, groß und unbekannt,
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand
In den Abendlärm der Städte fällt es weit,
Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit.
Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehen sich um. Und keiner weiß,
In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht
Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.
In der Ferne zittert ein Geläute dünn,
Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.
Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an ,
Und er schrei: Ihr Krieger alle, auf und an!
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,
Drum von tausend Schädeln laute Ketten hängt.
Einen Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,
Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut,
Zahllos sind die Leichen schon im Schiff gestreckt,
Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.
In der Nacht er jagt das Feuer querfeldein,
Einen roten Hund mit wilder Mäuler Schrein.
Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,
Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.
Und mit tausend hohen Zipfelmützen weit
Sind die finstren Ebnen flackernd überstreut ,
Und was unten auf der Straße wimmernd flieht,
Stöße er in die Feuerwälder, wo die Flammen brausend zieht.
Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,
Gelbe Fledermäuse, zackig in das Laub gekrallt,
Seine Stange haut er wie ein Kölerknecht
In die Bäume, daß Feuer brause recht.
Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,
Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühenden Trümmern steht,
Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht.
Über sturmzerfetzte Wolken Wilderschein,
In des toten Dunkels kalten Wüstenein,
Daß er mit der Brande weit die Nacht verdorr,
Pech und Feuer träufelt unten auf Gomorrh.