„Sinzig muss überall werden“ 
  Der Journalist und Umweltschützer Franz Alt spricht 
  im Rhein-Gymnasium globale Probleme an
  27. November 2018
  Die globalen Probleme, enormer Ressourcenverbrauch,
 
  Umweltzerstörung und der Klimawandel bei wachsender
 
  Weltbevölkerung – diese Situation stimmt viele Menschen
 
  pessimistisch. Wer sich wie der bekannte Journalist Franz Alt
 
  fragt, „sind wir noch zu retten?“ und positive Antworten sucht, dem lieferte der Redner, nach 22 Jahren
 
  erneut Gast in der Reihe „Forum Zukunft“ des Rhein-Gymnasiums, Argumente und Beispiele zuhauf. 
 
  Schon im November 1996, daran erinnerte nach der Begrüßung durch Schulleiter Jens Braner
 
  Forumsinitiator Klaus Karpstein vor rund 100 Zuhörern, „beschwor er jeden Einzelnen, sich für eine
 
  lebenswerte Zukunft einzusetzen. Bereits eine Woche später bildete sich eine Arbeitsgruppe, die sich um
 
  die Energiefrage in der Schule kümmerte.“ Das RGS wurde ein Vorreiter für erneuerbare Energien im
 
  Kreis Ahrweiler. Energieteams entstanden. Der Gasverbrauch im Haus wurde gedrosselt. In Eigenregie
 
  von Schülern, Lehrern, Eltern plante man eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach. Der Landkreis
 
  setzte das Projekt schließlich auf den Schuldächern um. Und der „Pionier“ Solarverein, heute Solarverein
 
  Goldene Meile, erhielt von Eurosolar den Deutschen Solarpreis 2005. 
 
  „Sinzig muss überall werden“, kommentierte Alt, wie seine Worte dort Kreise gezogen haben, sah aber in
 
  der Stadt „noch zu viele leere Dächer“. Kürzlich erst aus Südkorea zurück, ist der 80-Jährige bald wieder
 
  nach Pakistan unterwegs. Er will positiven Wandel mit eigenen Augen sehen, wie in einem Dorf in Mali,
 
  wo Kinder erstmals zur Schule gehen, weil sie durch Solarenergie abends bei Licht Hausaufgaben
 
  machen können oder in der Mongolei, wo junge Leute Nomaden bleiben wollen, aber dank Fotovoltaik
 
  mit Handy und Laptop. 
 
  Er reiste mit seiner Frau ebenso zu Problemzonen in die Alpen, in die Arktis, Antarktis, nach Island und
 
  Alaska, wo Gletscher schmelzen, so dass gebundenes Wasser verloren geht und die Permafrostböden
 
  auftauen könnten. 
 
  Die negativen Nachrichten lassen erschauern. Alt zählt auf, dass weltweit tagtäglich 150 Tier- und
 
  Pflanzenarten aussterben, mehr, als natürliche Evolution ermöglicht, dass die Menschheit 150 Millionen
 
  Tonnen Treibhausgase in die Luft pustet, Wüstenflächen um 50 000 Hektar durch falsches
 
  Energieverhalten vergrößert und an einem Tag so viel Kohle und Öl verbraucht werden, wie die Erde in
 
  einer Million Tagen erzeugte. 
 
  „Das ist ein Selbstmordprogramm“, so Alt. Er führte „das geistige Gesetz“ von Jesus, Buddha und
 
  Mahatma Gandhi an: „Wir ernten, was wir säen“ und übersetzte „Wer 10-Liter-Autos baut, erntet
 
  Klimaflüchtlinge“. Denn durch die Verbrennung steigt der Kohlendioxidausstoß, die Erde erwärmt sich,
 
  die Meeresspiegel steigen. Klimaflüchtlinge aus Afrika und Asien verlassen ihre Heimat und steuern
 
  Europa an. „Nur Trump und die AfD bestreiten noch den Klimawandel“, so Alt. Doch er verbreitete
 
  Zuversicht: „Alle Probleme, die von Menschen geschaffen sind, sind auch von Menschen zu lösen.“ Der
 
  Schlüssel zur Lösung? Energie. „Die Lösung des Energiepro- blems steht am Himmel“, da die Sonne uns
 
  in Deutschland 15 000 Mal mehr Energie schicke, als wir brauchen. „Die Sonne schickt uns keine
 
  Rechnung“, brachte Alt sein Credo vor. Es sei zu schaffen, fossile Energien und Atomstrom hinter uns zu
 
  lassen, vor allem mit Solarenergie, jedoch gemeinsam mit den fünf anderen erneuerbaren Energien
 
  Wind, Biomasse, Erdwärme, Wasserkraft und Strömung. Denn „nicht immer scheint die Sonne, nicht
 
  immer bläst der Wind“. 
  Als guten Vorstoß gegen den Klimawandel nannte er das Pariser Klimaabkommen, bei dem zahlreiche
 
  Staaten beschlossen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu
 
  beschränken. Deutschland lobte er für die Einführung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes. 
 
  Doch das reiche nicht. Weltweit bringe deutsche Technologie saubere Energie auf den Weg, im
 
  Herkunftsland aber tue man sich schwer mit dem Umsetzen. So kritisierte Alt die deutsche Autoindustrie.
 
  China und Taiwan seien viel weiter mit der E-Mobilität. Dennoch malte er eine unfallfreie und
 
  staureduzierte Zukunft aus mit selbstfahrenden E-Autos, die kostenlos Solarstrom tanken. Zuletzt führte
 
  er Beispiele alternativen Bauens in aller Welt an. 
 
  Der Beamer brachte im Sekundentakt Photovoltaikgroßanlagen und innovative Architekturen,
 
  ausgerüstet mit Solar- und Windkraftmodulen, auf die Leinwand. „Ethisch und ästhetisch“ müsse es sein.
 
  Letztlich gebe die Ökonomie den Ausschlag und die alte Energie sei teurer als die erneuerbaren. Die
 
  Dynamik hin zur Lösung nehme zu, zeigte sich Alt überzeugt. 
  Nach knapp zwei Stunden druckreifen Vortrags – „ein Feuerwerk der Vernunft“, wie Karpstein formulierte
 
  – rief er aus: „Die Welt ist voller Energie. Wenn wir gut sind, muss kein Kind mehr verhungern. Wenn die
 
  Menschen in Afrika Energie haben, dann fliehen sie nicht mehr.“ 
 
  Zur Person 
  Franz Alt ist ein Kämpfer für erneuerbare Energien, Menschenrechte und Gerechtigkeit. Geboren 1938
 
  in Untergrombach, studierte er Politikwissenschaft, Geschichte, Philosophie und Theologie in Freiburg im
 
  Breisgau und Heidelberg, promovierte 1967 über Konrad Adenauer, war von 1963 bis 1988 CDU-Mitglied
 
  und steht der Ökologisch- Demokratischen Partei (ÖDP) nahe. Bekannt wurde er als Fernsehmoderator
 
  und Buchautor. Von 1972 bis 1992 war er Leiter und Moderator des Politmagazins „Report“. Von 1992
 
  bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion Zeitsprung im SWR und moderierte außerdem in 3sat die
 
  Magazine „Querdenker“ und „Grenzenlos“. Auch als 80-Jähriger hält Franz Alt weltweit Vorträge und
 
  schreibt Gastkommentare sowie Hintergrundberichte für Zeitungen und Magazine. Für sein Engagement
 
  erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Seine in zwölf Sprachen übersetzten Bücher erreichen eine
 
  Auflage von über zwei Millionen Exemplaren. Auf seiner Webseite „Sonnenseite“ bietet er kommentierte
 
  News zu Solarenergie, Umweltschutz und Weltpolitik
 
  Quelle:
  General-Anzeiger vom 23.11.2018
  Text: Hildegard Ginzler
  Foto: Gausmann
  mit freundlicher Genehmigung des General-Anzeiger