Schule unterwegs
19. März 2012
Für ein Kunst-Keramikprojekt besuchten Rhein-Gymnasiasten
mit Pädagogin Annette Schlüter-Wilmers das Heimatmuseum
und das Sinziger Fliesenwerk
Die Kunst streckt bekanntlich ihre Fühler in alle Richtungen aus.
Das kann auch für den Kunstunterricht gelten. So suchte Annette
Schlüter-Wilmers jüngst zum wiederholten Male den Kontakt mit
dem Heimatmuseum Sinzig und, angeregt durch die dortige aktuelle Ausstellung „Heiß gebrannt und
unverwüstlich - 140 Jahre Fliesen aus Sinzig", auch zur ansässigen Produktionsstätte.
Als Einstieg für ein Fliesenprojekt besuchte die Kunsterzieherin des Rhein-Gymnasiums mit der Klasse
7d die Sonderausstellung im Schloss. Museumsleiterin Agnes Menacher erläuterte vor Dokumenten,
Fliesen, Schablonen und Katalogen die Historie des mehr als 140 Jahre existierenden Sinziger
Fliesenwerkes. Sie führte die Gruppe außerdem ins Fliesen-Magazin im Keller, wo zahlreiche Beispiele
historische Steinzeug-Fliesen lagern, die durch Ankauf oder Spenden ins Haus kamen. Andere, die aus
dem Bodenbelag des abgerissenen Remagener Römerhofs stammen, wurden auf Initiative der
Museumsleitung vor der Zerstörung gerettet.
Während der Besuch der gesamten Klasse im Rahmen des Unterrichts am Morgen stattfand, zog
Schlüter-Wilmers am Nachmittag mit 17 Freiwilligen erneut aus. Ziel der Exkursion war die
Niederlassung der Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG in Sinzig, im Volksmund „Plaatefabrik" oder
nach einem Werknamen „Agrob" genannt. Dort begrüßte Werksleiter Bernd Mannheim die Besucher und
stellte ihnen in einer Powerpoint-Präsentation den Aufbau der Fabrik, den Konzern und weitere Werke
vor. Als Teil der DSCB AG, die als Obergesellschaft fungiert, fertigt das Werk Sinzig heute hochwertige
Keramikfliesen aus (Fein)Steinzeug, die unter dem Markennamen Agrob Buchtal vertrieben werden.
Diese Marke entstand durch den Zusammen-schluss der beiden früheren Einzelunternehmen Agrob und
Buchtal, die Anfang der 1990er Jahre fusionierten. Produktschwerpunkte dieser Marke sind
Keramikfliesen für Fassaden und Schwimmbäder, kombinierbare Färb- und Formatsysteme, trittsichere
funktionale Fliesen für Industrie und Gewerbe sowie repräsentative Lösungen für öffentliche und private
Anwendungsgebiete. Schlüter-Wilmers freute sich darüber, „wie ernst Mannheim die Schüler nahm und
wie gut verständlich seine Ausführungen waren".
Im Anschluss führte Keramikingenieur Roger Kassner die jungen Gäste durch den Betrieb. Der
Rundgang startete bei der Anlieferung, führte zur „Kontimühle", die kontinuierlich Tone und Feldspäte
vermahlt und anschließend zu großen Behältnissen, in denen die feuchte Masse fein zersprüht wird und
als Tröpfchen in Warmlufttrichtern trocknet. Kassner erklärte fachkundig die Produktionsabläufe und
Maschinen. Die durch Pressen geformten Rohlinge laufen vollautomatisch über Bänder zu Trockenöfen
und zwecks Veredelung zu den Druckwalzen. Zuletzt müssen sie ins Feuer, das heißt, in Erdgas
betriebenen leistungsstarken Rollöfen bei 1.200 Grad Hauptbrenntemperatur gebrannt werden. Bei
ihrem Ausflug in die Produktion zeigten sich die Schüler sehr interessiert und speziell von den mächtigen
langen Brennöfen beeindruckt. Sie staunten auch über die beinahe menschenleeren Hallen. Die
Automatisierung zieht sich durch den gesamten Herstellungsprozess. Lasergesteuerte automatische
Flurfahrzeuge transportieren die fertigen Fliesen in die Sortierung, wo opto-elektronische
Präzisionsanlagen seit 1997 die Handsortierung ablösen. Die anschließende Fliesen-Palettierung wird
automatisch durch einen Palettier-Roboter vorgenommen. Annette Schlüter-Wilmers plant, mit den
Schülern Fliesenreliefs herzustellen. Als Inspiration dienen ehemalige Jahresgaben des Werks an seine
Mitarbeiter, die im Relief Sternzeichen zeigen. Jedoch sollen die Schüler eigene Muster entwickeln, sie
mit Engobe bemalen und glasieren. Wenn die Ergebnisse es hergeben, sollen sie im Sinziger Museum
präsentiert werden.
Blick aktuell, 11/2012