Abitur – und was danach?
Die ehemalige Schülerin Katinka Freis berichtet
Abiturienten von ihrem Freiwilligenjahr in Bolivien
8. Februar 2018
Zwei Stunden lang hörten ca. 40 Abiturienten des Rhein-
Gymnasiums der ehemaligen Schülerin Katinka Freis gebannt
zu. Sie berichtete mit großer Begeisterung über ihre Zeit in einem
ihr zuvor völlig unbekannten Land, nämlich Bolivien.
Katinka Freis hatte sich nach ihrem Abitur 2016 für ein
Freiwilligenjahr im Ausland entschieden und sich über das
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) bei der AFS-Organisation beworben.
Erwünscht ist ein kultureller Austausch, um ein gegenseitige
Verständnis zu fördern. Gelernt werden soll durch tatkräftiges
Handeln. Was das bedeutet, das berichtete sie so ausführlich wie
lebendig.
Nach einer intensiven Vorbereitung durch die AFS-Organisation
war sie in einem privaten mit Spenden finanzierten Heim für
Straßenkinder für die Erziehung und Ausbildung von 12 Jungen zwischen 0 und 12 Jahren mit zuständig.
In Bolivien, das Kinderarbeit zulässt und die meisten Straßenkinder weltweit hat, sind die
Lebensbedingungen dieser Kinder katastrophal. Sie haben weder Bildung noch kennen sie Hygiene,
noch gibt es eine regelmäßige Ernährung. Ihr Spielzeug suchen sie im Müll. Frau Freis ist eine sehr
aufmerksame Beobachterin und konnte detailliert diese Lebensbedingungen schildern. Das Kinderheim
hat sich – wenn auch mit nur sehr bescheidenen Mitteln – zur Aufgabe gemacht, diese Kinder von der
Straße zu holen und ihnen ein Zuhause sowie eine Ausbildung zukommen zu lassen.
Das Zusammenleben mit den Kindern, insbesondere die fehlende Hygiene, war für Katinka Freis nicht
immer einfach. Letztlich überwogen bei ihr die emotionalen Bindungen zu den Kindern. So wurde sie
Freundin, Mutter und Schwester bei „ihren“ Kindern, die keine Eltern kennen und teilweise keine Identität
haben.
Eingebunden war Katinka Freis in einer Gastfamilie, die sie sehr herzlich aufnahm. Darüber hinaus fand
sie zahlreiche Freunde, mit denen sie die gemeinsame Freizeit verlebte.
Sie nutzte auch die Möglichkeit, das Land zu bereisen. Vor allem schwärmte sie von den über 5000 m
hohen Bergen, dem Titicacasee und der „Todesstraße“, die durch zahlreiche Vegetationszonen führt. Sie
war begeistert von Lamas, die so süß sind, von bunten, schönen Stoffen der indigenen Bevölkerung, den
vielen Feiertagen, den 12 Kartoffelsorten und den unzähligen kleinen Ständen am Straßenrand.
Neben den „schönen“ Seiten Boliviens berichtete Frau Freis auch von den massiven Problemen des
Landes. Sie erlebte eine Woche lang einen Wassernotstand, Korruption auch bei Polizisten, Selbstjustiz
gegenüber einem Dieb in einer durch Ungleichheit geprägten Gesellschaft. So gibt es eine kleine weiße,
reiche und westlich orientierte Oberschicht, die sich in Ghettos von der armen indigenen Bevölkerung
abgrenzt.
Nach ihrem Fazit befragt, sagte sie ganz einfach: „Das Jahr in Bolivien war für mich das Jahr meines
Lebens!“
Ihre Emotionen beschreibt sie mit einer Achterbahnfahrt. Anfangs hatte sie Heimweh, während sie am
Ende nicht mehr nach Hause wollte. Die täglichen Herausforderungen waren neben der fremden Kultur
auch die zunächst fremde spanische Sprache. Die vielen Erlebnisse haben sie nachdenklicher gemacht.
Häufig hat sie sich die Frage gestellt, was im Leben wirklich wichtig sei. Die Rückkehr nach Deutschland
empfand sie zunächst als einen Kulturschock, nachdem sie das Leben in einer völlig anderen Kultur
kennengelernt hatte. Die vielen wertvollen Erfahrungen in ihrem Freiwilligenjahr werden von allergrößter
Bedeutung für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg sein.
Wir wünschen ihr dabei viel Erfolg!